1. Home
  2. Studien
  3. Wie soll die Europäische Währungsunion mit reformunwilligen Staaten umgehen?
Jürgen Matthes / Thomas Schuster IW-Policy Paper Nr. 3 26. Januar 2015 Wie soll die Europäische Währungsunion mit reformunwilligen Staaten umgehen?

Die Parlamentswahl in Griechenland offenbart, dass die Europäische Währungsunion (EWU) kein fest umrissenes Verfahren hat, wie sie mit reformunwilligen Staaten im Hinblick auf die Hilfsprogramme des Euro-Rettungsschirms umgehen soll. Eng mit dieser Lücke im Regelwerk verbunden ist die Frage, ob ein Austritt oder Ausschluss aus der EWU eine gangbare Option sein kann.

PDF herunterladen
Wie soll die Europäische Währungsunion mit reformunwilligen Staaten umgehen?
Jürgen Matthes / Thomas Schuster IW-Policy Paper Nr. 3 26. Januar 2015

Wie soll die Europäische Währungsunion mit reformunwilligen Staaten umgehen?

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die Parlamentswahl in Griechenland offenbart, dass die Europäische Währungsunion (EWU) kein fest umrissenes Verfahren hat, wie sie mit reformunwilligen Staaten im Hinblick auf die Hilfsprogramme des Euro-Rettungsschirms umgehen soll. Eng mit dieser Lücke im Regelwerk verbunden ist die Frage, ob ein Austritt oder Ausschluss aus der EWU eine gangbare Option sein kann.

Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln spricht sich dafür aus, Zahlungen des Euro-Rettungsschirms konsequent einzustellen, wenn ein Staat deutlich und nachhaltig gegen das mit einem Hilfspaket verbundene Reformprogramm verstößt. In diesem Fall ist – als Ultima Ratio, aber auch nur dann – nicht auszuschließen, dass Reformverweigerung und die Einstellung der Hilfszahlungen zu einem EWU-Austritt des Landes führen. Denn die Konditionalität von Hilfsprogrammen des Euro-Rettungsschirms fungiert aus ordnungspolitischer Sicht als eine zentrale Säule der neu geschaffenen Krisenbekämpfungsarchitektur des Euroraums. Sie darf unter keinen Umständen aufgegeben oder nachhaltig gefährdet werden. Anderenfalls drohen massive Fehlanreize.

Mit einem EWU-Austritt wären große ökonomische Risiken für das austretende Land verbunden, weil eine hohe Unsicherheit und die drohende starke Abwertung einer neuen Währung zu Kapitalflucht und zu Überschuldung vieler Wirtschaftsakteure und des Staates führen dürften und diese Effekte insgesamt im jeweiligen Land eine massive Banken- und Liquiditätskrise verursachen würden. Ordnungspolitisch kann die Drohkulisse eines solchen Krisenszenarios das Konditionalitätsprinzip stärken.

Diese Studie entwickelt auf Basis der bestehenden Literatur einige wirtschaftspolitische Empfehlungen, nicht zuletzt auch deshalb, um die drohenden gravierenden ökonomischen Probleme bei einem Austritt zumindest ein wenig zu mildern.

Erstens wird gefordert, mittelfristig einen rechtlichen Weg für einen EWU-Austritt (ohne EU-Austritt) zu schaffen. Denn das Fehlen einer rechtlichen Regelung würde derzeit einen ungeordneten und daher ökonomisch noch schädlicheren Weg aus der EWU erzwingen. Zweitens sollte die Troika regelmäßig eine quantitative Reformerfüllungsquote publizieren. Unterschreitet diese Quote einen bestimmten Wert, muss die Troika in einem qualitativen Bericht bewerten, ob ein substanzieller Verstoß gegen das Reformprogramm vorliegt. In diesem Fall muss auf politischer Ebene der EU entschieden werden, die Hilfszahlungen einzustellen. Drittens ist bei einer grundsätzlichen Reformverweigerung zu erwägen, die Zentralbankgeldversorgung des betreffenden Staates durch das Eurosystem grundsätzlich aufzugeben und dem betreffenden Staat – nach Vorbild der Ausschlussregelungen des IWF – das Stimmrecht im EZB-Rat zu entziehen. Dies würde einen faktischen Ausschluss aus der Währungsunion bedeuten.

PDF herunterladen
Wie soll die Europäische Währungsunion mit reformunwilligen Staaten umgehen?
Jürgen Matthes / Thomas Schuster IW-Policy Paper Nr. 3 26. Januar 2015

Wie soll die Europäische Währungsunion mit reformunwilligen Staaten umgehen?

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Mehr zum Thema

Artikel lesen
Kein Bock mehr auf die EU: Die AfD und ihre beiden Parteivorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla wollen die EU in ihrer jetzigen Form abschaffen.
Hubertus Bardt / Lennart Bolwin / Berthold Busch / Jürgen Matthes Pressemitteilung 19. Mai 2024

Europawahl: Dexit würde 690 Milliarden Euro kosten

Die Alternative für Deutschland (AfD) fordert den Austritt Deutschlands aus der EU. Dieser sogenannte Dexit würde einer neuen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zufolge nicht nur Milliarden Euro Wertschöpfung kosten, sondern auch Millionen ...

IW

Artikel lesen
Hubertus Bardt / Lennart Bolwin / Berthold Busch / Jürgen Matthes IW-Trends Nr. 2 19. Mai 2024

Brexit – Kein Vorbild für Deutschland

Die Entscheidung des Vereinigten Königreichs, die Europäische Union (EU) zu verlassen, hat bisher keine Nachahmer gefunden. Mit dem Verlust der Integrationsvorteile gehen für das Vereinigte Königreich erhebliche Handelshemmnisse und wirtschaftliche Nachteile ...

IW

Mehr zum Thema

Inhaltselement mit der ID 8880