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Tobias Hentze / Samina Sultan IW-Report Nr. 60 30. November 2023 Globale und europäische Unternehmensteuerreformkonzepte

Die Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung auf internationaler Ebene steht seit vielen Jahren auf der politischen Agenda. Sowohl die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) als auch die Europäische Kommission haben dazu Reformvorhaben vorgelegt, die nun auf eine politische Umsetzung warten.

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Globale und europäische Unternehmensteuerreformkonzepte
Tobias Hentze / Samina Sultan IW-Report Nr. 60 30. November 2023

Globale und europäische Unternehmensteuerreformkonzepte

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung auf internationaler Ebene steht seit vielen Jahren auf der politischen Agenda. Sowohl die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) als auch die Europäische Kommission haben dazu Reformvorhaben vorgelegt, die nun auf eine politische Umsetzung warten.

Der Inklusive Rahmen der OECD beruht auf zwei Säulen. Während die erste Säule eine formelbasierte Gewinnverteilung zur fairen Verteilung der Besteuerungsrechte vorsieht, geht es in der zweiten Säule vor allem um eine globale effektive Mindeststeuer. Der OECD-Initiative mangelt es bisher jedoch an einer Einigung auf eine harmonisierte Bemessungsgrundlage. Dies könnte den Erfolg beeinträchtigen. Daher stellt der Vorschlag der Europäischen Kommission, mit BEFIT („Business in Europe: Framework for Income Taxation“) ein gemeinsames Regelwerk für die Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage für Unternehmen in der EU einzuführen und langfristig die Gewinne zwischen den europäischen Mitgliedstaaten formelbasiert zu verteilen, den notwendigen zweiten Schritt dar, um Fairness zumindest innerhalb der Europäischen Union (EU) zu gewährleisten. Das BEFIT-Konzept greift sowohl Elemente früherer Initiative auf europäischer Ebene aufgreift als auch auf dem Zwei-Säulen-Konzept der OECD aufsetzen soll. So soll zum einen zur Berechnung der Bemessungsgrundlage sowohl bei Säule 2 als auch bei BEFIT an internationalen Rechnungslegungsstandards angesetzt werden. Zum anderen soll in Säule 1 eine formelbasierte Gewinnverteilung erfolgen, was auch das längerfristige Konzept von BEFIT vorsieht. Die beiden Reformkonzepte sind also in ihrer Systematik und Logik eng miteinander verwoben. Dieser Ansatz ist zu begrüßen, da er zu einer Begrenzung der Befolgungskosten beiträgt.

Zusammengefasst sind die Reformvorhaben seitens der OECD und der Europäische Kommission pragmatisch konzipiert, allerdings sind zum Teil auch höhere Befolgungskosten für die Unternehmen möglich. Langfristig soll auf internationaler Ebene durch Säule 1 eine Reallokation der Steuerrechte zumindest für die größten Unternehmen erfolgen. Mit Säule 2 wird eine moderate Untergrenze beim Steuerwettbewerb eingezogen. Die Europäische Kommission verzichtet bei BEFIT anders als bei den bisherigen Anläufen zunächst auf eine formalbasierte Aufteilung der Bemessungsgrundlage auf die beteiligten Länder, um die politische Akzeptanz zu erhöhen. Vielmehr fokussiert BEFIT in der geplanten Übergangsphase auf einheitliche Regeln zur Bestimmung der Bemessungsgrundlage in den jeweiligen Mitgliedstaaten und eine grenzüberschreitende Konsolidierung von Gewinnen und Verlusten. Dass allerdings weiterhin relevante Anpassungen der Bemessungsgrundlage auf nationaler Ebene möglich sein sollen, konterkariert tendenziell die Ziele. Sollten sich die einheitlichen Regeln und die Möglichkeit des Verlustausgleichs in der Praxis bewähren und in der Übergangsphase Akzeptanz finden, stellt sich die Frage nach einer Neuverteilung der Besteuerungsrechte. Aus ökonomischer Sicht wäre es sachgerecht und essenziell zur Verminderung der Befolgungskosten, die gesamte Bemessungsgrundlage nach einem formelbasierten Allokationsschlüssel aufzuteilen. Allerdings wären die Steuermindereinnahmen insbesondere für kleinere Mitgliedstaaten voraussichtlich gravierend. Möglicherweise kann die Mindeststeuer zu Mehreinnahmen in den betroffenen Ländern führen und den Effekt teilweise ausgleichen.

Aufgrund der Zuspitzung auf einige wenige Unternehmen (Säule 1), einer Ausgestaltung der Mindeststeuer, die Verhaltensanpassungen in den Ländern mit einem geringeren Steuersatz als 15 Prozent attraktiv macht (Säule 2), und dem vorläufigen Verzicht auf eine Neuverteilung der Bemessungsgrundlage unter BEFIT, sind die Effekte auf das Steueraufkommen durch die Reformvorhaben schätzungsweise gering. So wird für Deutschland mit einem zusätzlichen Steueraufkommen durch den Inklusiven Rahmen von 4 bis 8 Milliarden Euro pro Jahr gerechnet, was weniger als 1 Prozent des Gesamtsteueraufkommens entspricht.

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